Hier ist der Inhalt Textblock 2!
UN-Antifolterkonvention
Folter im Gesundheitswesen gemäss UN-Antifolterkonvention
In der 22. Sitzung des Menschenrechtsrates (Human Rights Council) vom 4. März 2013 erklärte der UN-Sonderberichterstatter, Juan E. Méndez, welche Praktiken im heutigen Gesundheitswesen Folter, bzw. grausame, unmenschliche oder entwürdigende Behandlungen darstellen, welche Bevölkerungsgruppen davon am häufigsten betroffen sind und was die Staaten dagegen tun müssen.
(Die nachfolgende, gekürzte Version und die Übersetzung basieren auf dem englischen Originaltext und der offiziellen UN-Übersetzung ins Französische des am 1. Februar 2013 veröffentlichten Berichtes.)
Als Folter, resp. als Misshandlung von Personen gelten:
Folter beinhaltet mindestens vier Elemente: 1) Eine Handlung, die physisch oder psychisch akuten Schmerz oder Leid verursacht, 2) Absicht, 3) Verfolgung eines bestimmten Zweckes, 4) Beteiligung des Staates oder dessen stillschweigendes Einverständnis und zwar auch dann, wenn es nicht in der Absicht des Staates liegt, einen Menschen zu erniedrigen, zu entwürdigen oder zu strafen, dies für den Betroffenen aber darauf hinausläuft.
Absicht ist dann gegeben, wenn eine Person aufgrund ihrer Behinderung zum Opfer wird, was von den im Gesundheitswesen Tätigen gerne als "gut gemeint" verschleiert wird.
Auch grobfahrlässiges Verhalten, das akuten Schmerz oder Leid verursacht, gilt selbst dann als Misshandlung, wenn es unbeabsichtigt erfolgt.
Folter wird zu folgenden Zwecken angewandt: Um Geständnisse zu erzwingen, um Informationen von einem Opfer oder von einer Drittperson zu erhalten, als Strafe, zur Einschüchterung und Nötigung, um zu diskriminieren.
Selbst in Fällen, in denen es schwierig scheint, Diskriminierung nachzuweisen, weil angeblich alles nur zum Wohle des Patienten gemacht wurde, ist es Missbrauch, sobald es sich ausdrücklich oder unterschwellig um Bestrafung oder Einschüchterung handelt.
Wichtigste Pflichten der Staaten um Folter und Misshandlung zu verbieten
Die Staaten sind verpflichtet, alles zu unternehmen, was Misshandlung verhindert, denn sie öffnet der Folter Tür und Tor. Besonders in folgenden Bereichen kommt es immer wieder zu Misshandlung und Folter: Sorgerecht und Kontrolle, Gefängnisse, Spitäler, Schulen, in Institutionen, die sich um Kinder, Alte, psychisch Kranke, Behinderte usw. kümmern, Militärdienst und wo immer das staatliche Versagen Gewalt im privaten Umfeld fördert.
Die Staaten sind nicht nur verpflichtet, den Ordnungskräften das Foltern zu verbieten, sondern auch den Ärzten, Pflegenden, Sozialarbeitern usw., unabhängig davon, ob diese in staatlichen oder privaten Einrichtungen arbeiten. Zudem müssen die Staaten die gebührende Sorgfalt aufwenden, um allfällige Missbräuche zu untersuchen, zu verfolgen und zu bestrafen, egal ob es sich dabei um Staatspersonal oder private Akteure handelt. Ganz besonders gilt dies im Hinblick auf den Schutz von Minderheiten, Randgruppen, ausgegrenzten und hilfsbedürftigen Personen.
Rechtsfähigkeit und Informierte Einwilligung in eine Behandlung
In jedem juristischen System ist die Rechtsfähigkeit die Grundlage dafür, seinen freien Willen auszuüben und seine eigene Wahl zu treffen. Da die Rechtsfähigkeit eine widerlegbare Vermutung ist, muss die Rechtsunfähigkeit bewiesen werden, bevor eine Person als unfähig, Entscheidungen zu fällen, bezeichnet werden darf. Selbst wenn die Rechtsunfähigkeit bewiesen ist, muss anstelle des "substituted decision-making regimes" (Fremdbestimmung) ein "supported decision-making" (unterstützte Entscheidungsfindung) treten, das die Autonomie, den Willen und die Vorlieben der Person respektiert.
Die Informierte Einwilligung in eine Behandlung umfasst nicht nur deren Akzeptanz, sondern erfordert auch eine hinreichend fundierte und freiwillige Entscheidung. Sie ist die Voraussetzung dafür, dass Autonomie, Selbstbestimmung und menschliche Würde einer Person respektiert werden. Obschon die Informierte Einwilligung in den nationalen Gesetzen meistens verankert ist, wird sie im Gesundheitswesen häufig missachtet, was mit der strukturellen Ungleichheit zwischen Arzt und Patient zu tun hat, die noch verschärft wird, wenn es sich um ein Mitglied einer stigmatisierten und diskriminierten Gruppe handelt. Es besteht ein enger Zusammenhang zwischen Zwangsbehandlungen, die auf Diskriminierung beruhen und des Entzugs der Rechtsfähigkeit.
Machtlosigkeit und die Doktrin der "Medizinischen Notwendigkeit"
Patienten in Pflegeeinrichtungen sind von dessen Personal abhängig. Folter - die schwerwiegendste Verletzung des Menschenrechts auf Integrität und Würde - setzt eine Situation der Machtlosigkeit voraus, in der das Individuum sich unter der totalen Kontrolle einer anderen Person befindet. Der Entzug der Rechtsfähigkeit in dieser Situation ist deshalb mit dem Freiheitsentzug in einem Gefängnis gleichzusetzen.
Einschneidende und nicht mehr rückgängig zu machende medizinische Behandlungen sind Folter, wenn sie nicht auf einer freiwilligen und hinreichend fundierten Entscheidung beruhen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn diese an Randgruppen, wie Menschen mit Behinderungen, vorgenommen werden, und zwar unabhängig davon, ob es als gut gemeint oder medizinische Notwendigkeit gedacht ist. Ganz besonders gilt dies für Zwangsmassnahmen, Zwangsmedikationen und Sterilisationen in der Psychiatrie gegenüber Personen mit psychosozialen Behinderungen. Zwangsbehandlungen und Diskriminierungen können nicht mit der Doktrin der medizinischen Notwendigkeit begründet oder gerechtfertigt werden.
Inhaftierung aus medizinischen Gründen
Inhaftierung als Wiedereingliederungsmassnahme für Substanzabhängige und weitere Randgruppen wie Strassenkinder, Personen mit psychosozialen Behinderungen, Sexarbeiter, Obdachlose usw. ist weit verbreitet.
In solchen Anstalten erleben Substanzabhängige oft schmerzhafte Entzüge ohne medizinische Unterstützung, erhalten unbekannte Medikamente oder werden für Medikamenten-Experimente, Zwangsarbeit und sexuell missbraucht, geschlagen, ausgepeitscht, absichtlich gedemütigt, bei "Brot und Wasser" gehalten, es werden ihnen Elektroschocks, die Krämpfe hervorrufen, verabreicht und das alles unter dem Deckmantel der Wiedereingliederung. Dabei sind weder Inhaftierung noch Zwangsarbeit wissenschaftlich anerkannte Behandlungsmethoden bei Substanzabhängigkeit und stehen ganz im Gegensatz zur Substitutionstherapie, zu psychologischer Betreuung und anderen Formen, die mit der Informierten Einwilligung des Patienten durchgeführt werden.
Diskriminierungen aufgrund des Geschlechts
Menschen werden aufgrund ihrer sexuelle Orientierung (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgenre, Intersexuelle) oder aufgrund ihres Geschlechts stigmatisiert und im Gesundheitswesen mittels Gesetzen, Praktiken und Gewaltanwendungen diskriminiert, besonders was die Fortpflanzung angeht.
Zu diesen Verstössen gehören: Missbräuchliche Behandlungen, Demütigungen, Zwangssterilisationen, Verweigerung legaler Gesundheitsdienstleistungen wie Abtreibungen und Behandlungen nach Abtreibungen, weibliche Genitalverstümmelungen, Verletzungen der ärztlichen Schweigepflicht, Denunziation durch das medizinische Personal von Frauen, die illegal abgetrieben haben, erzwungene Abort-Geständnisse, um lebensrettende Behandlungen zu erhalten.
Zwangssterilisationen und erzwungene Abtreibungen sind ein Akt der Gewalt, eine Form von sozialer Kontrolle, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe. Staatlich aufgezwungene Familienplanung oder Familienpolitik können Folter sein, Abtreibungsverbote ebenfalls.
Verweigerung von Schmerzbehandlungen
83% der Weltbevölkerung haben entweder keinen oder einen unzureichenden Zugang zu Medikamenten gegen mittlere bis schwere Schmerzen. Selbst in den USA erhält ein Drittel der Schmerzpatienten keine angemessene Schmerzbehandlung. Eine Studie ergab, dass in Frankreich mehr als die Hälfte der Ärzte die Schmerzen ihrer HIV-Patienten unterschätzen. In Indien sind in mehr als der Hälfte der Krebszentren kein Morphium und keine entsprechend ausgebildeten Ärzte vorhanden, obwohl 70% und mehr der Patienten Krebs im fortgeschrittenen Stadium haben und wahrscheinlich Schmerzmittel benötigen würden. Obschon Medikamente wie Morphium und andere narkotisierende Substanzen preiswert und in Bezug auf die Schmerzlinderung hoch wirksam sind, sind sie oft schwer erhältlich. Zu den Hindernissen, welche die Verteilung dieser Substanzen unnötigerweise erschweren, gehören: Restriktive Drogenkontrollregulierungen und falsche Auslegungen von Regulierungen, ein mangelhaftes Medikamentenverteil-Management, unangepasste Infrastruktur, die Palliativpflege geniesst keine Priorität, tief verwurzelte Vorurteile gegenüber der Verwendung von Opioiden zu medizinischen Zwecken und das Fehlen einer Schmerzmanagementpolitik oder von Richtlinien für die Praxis.
Eine angemessene Schmerzbehandlung zu verweigern, ist dann Folter, wenn die Schmerzen so stark sind, wie sie es bei Folterungen wären. Die Staaten sind verpflichtet, den schwer leidenden Patienten ausreichend Schmerzmittel zur Verfügung zu stellen.
Menschen mit psychosozialen Behinderungen
Zu den Menschen mit Behinderungen gehören auch jene, die dauerhafte intellektuelle oder sensorische Beeinträchtigungen haben, derentwegen und aufgrund mancherlei Hindernisse sie nicht voll und ganz sowie gleichberechtigt mit anderen am gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Es handelt sich dabei um Personen, die entweder vernachlässigt wurden oder in psychiatrischen und sozialen Einrichtungen, weltlichen oder religiösen Heimen, Ausbildungslagern usw. inhaftiert waren.
Seit 2008 dürfen diese Menschen nicht mehr zwangsbehandelt und zwangsuntergebracht werden. Trotzdem sind sie in Pflegeheimen weiterhin schweren Übergriffen, wie Vernachlässigung, psychischem und physischem Missbrauch sowie sexueller Gewalt ausgesetzt, während es an Richtlinien mangelt, um die Täter strafrechtlich zu verfolgen.
Ein neuer normativer Rahmen
Die Entscheidungsfreiheit von Menschen mit Behinderungen wird oft unter dem Vorwand ihres angeblich "besten Interessens" ausser Kraft gesetzt und gravierende Verletzungen sowie Diskriminierungen werden von Gesundheitsfachleuten unter dem Deckmantel der "guten Absicht" verschleiert. Deshalb ist es notwendig, Mittel und Wege aufzuzeigen, mit welchen Folter und Misshandlung von Menschen mit Behinderungen vermieden werden können.
Absolutes Verbot von Fixierungen und Isolation
Da es keine therapeutische Rechtfertigung für Isolationsmassnahmen und den Einsatz von Fixierungen von Menschen mit Behinderungen gibt, können sowohl längere Isolation als auch Fixierungen Folter und Misshandlung darstellen. Menschen mit psychischen Behinderungen Einzelhaft zuzumuten, unabhängig davon, wie lange diese dauert, ist stets grausame, unmenschliche und erniedrigende Behandlung. Ausserdem kann jede Art von Haltesystemen - auch wenn diese nur kurze Zeit angewandt werden - für Menschen mit psychischen Behinderungen Folter und Misshandlung sein. Es ist deshalb unerlässlich, dass ein absolutes Verbot sämtlicher Zwangs- und nicht-einvernehmlicher Massnahmen - inklusiv Fixierungen und Einzelhaft - von Menschen mit psychologischen oder intellektuellen Behinderungen in allen Einrichtungen des Freiheitsentzuges - inklusiv psychiatrischen und sozialen Institutionen - gelten sollte. Eine Umgebung mit machtlosen Patienten und missbräuchlichen Behandlungen von Personen mit Behinderungen, in welcher Fixierungen und Isolation angewandt werden, kann zu anderen nicht-einvernehmlichen Behandlungen wie Zwangsmedikation und Elektroschock-Prozeduren führen.
Nationale Gesetzgebungen erlauben Zwangsbehandlungen
Noch immer gibt es Staaten, die in ihrer Gesetzgebung Zwangsbehandlungen gestatten, obschon unfreiwillige Behandlungen und andere psychiatrische Interventionen Formen von Folter und Misshandlung sind. Auch wenn diese oft unrechtmässig mit Unfähigkeit oder therapeutischer Notwendigkeit begründet werden und die Unterstützung einer breiten Öffentlichkeit geniessen, weil sie als "höheren Interessen dienend" dargestellt werden, sind sie unvereinbar mit dem Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Wenn Zwangsbehandlungen schwere Schmerzen und Leiden beinhalten, verstossen sie gegen das absolute Verbot der Folter und der grausamen, unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung. Deshalb sind die entsprechenden Gesetze sofort zu revidieren.
Die Rechtsfähigkeit eines jeden Menschen vollumfänglich zu respektieren, ist ein erster Schritt zur Verhütung von Folter und Misshandlung
Aufgrund von Stigmatisierung und Diskriminierung werden Millionen von Menschen mit Behinderungen weltweit ihrer Rechtsfähigkeit beraubt und dies entweder durch eine gerichtliche Erklärung oder lediglich durch den Beschluss eines Arztes, der ihnen die Fähigkeit, eine Entscheidung zu fällen, abspricht. Ihrer Rechtsfähigkeit beraubt, wird diesen Personen ein Vormund oder ein anderer Entscheidungsträger zugewiesen, dessen Einwilligung genügt, um Zwangsbehandlungen zu rechtfertigen.
In den Gesetzen muss klargestellt werden, unter welchen Bedingungen Behandlungen ohne freie und Informierte Einwilligung durchgeführt werden dürfen, wobei kein Unterschied zwischen Menschen mit oder ohne Behinderungen gemacht werden sollte. Nur in lebensbedrohlichen Notfällen, in denen keine Uneinigkeit bezügliche einer fehlenden Rechtsfähigkeit besteht, darf ein Leistungserbringer des Gesundheitswesens, ohne eine Informierte Einwilligung einzuholen, einen lebensrettenden Eingriff vornehmen. Aus dieser Perspektive betrachtet, erfordern mehrere Grundsätze von 1991 eine nochmalige Überprüfung, da sie im Widerspruch zum Übereinkommen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen stehen.
Zwangseinweisungen in psychiatrische Institutionen
In vielen Ländern, in denen Psychiatrierichtlinien und Psychiatriegesetze existieren, zielen diese darauf ab, Menschen mit psychischen Behinderungen in psychiatrische Institutionen einzusperren, versäumen aber, deren Menschenrechte wirksam zu schützen.
Es gibt gut dokumentierte Beispiele von Menschen, die ihr ganzes Leben in solch psychiatrischen oder sozialen Institutionen verbringen. Es ist ausdrücklich zu verbieten, dass Menschen aufgrund ihrer Behinderung zivilrechtlich und unfreiwillig in eine Anstalt eingewiesen oder inhaftiert werden. Ein Leben in der Gemeinschaft mit der erforderlichen Unterstützung ist keine anzustrebende Lösung mehr, sondern ein international anerkanntes Recht. Freiheitsentzug aufgrund einer Behinderung - inklusiv einer psychischen oder intellektuellen - ist als Diskriminierung zu verbieten. Das Vorhandensein einer Behinderung darf in keinem Fall einen Freiheitsentzug rechtfertigen. Gesetze, welche erlauben, dass Menschen mit Behinderungen aufgrund ihrer Behinderung eingesperrt werden, müssen abgeschafft werden. Dazu gehört auch, dass Menschen mit Behinderungen nicht institutionalisiert werden dürfen, um sie ohne ihre freie und Informierte Einwilligung zu behandeln. Dies gilt gleichermassen für die Vorbeugehaft, weil sie mit grosser Wahrscheinlichkeit für sich oder andere eine Gefahr sein könnten, und zwar in allen Fällen, wenn Pflege, Behandlung und öffentliche Sicherheit im Gesetz mit einer offensichtlichen oder diagnostizierten psychischen Erkrankung begründet werden.
Freiheitsentzug aufgrund einer psychischen Erkrankung ist unberechtigt, wenn sie auf Diskriminierung oder Vorurteil gegen Personen mit Behinderungen beruht. Die Schwere einer psychischen Erkrankung ist nicht an sich ausreichend, um eine Inhaftierung zu rechtfertigen; der Staat muss zusätzlich beweisen, dass eine Inhaftierung notwendig ist, um die Sicherheit der Person oder anderer zu schützen. Ausser im Notfall darf die betroffene Person nicht inhaftiert werden, es sei denn, sie habe verlässlich bewiesen, dass sie unzurechnungsfähig ist. Denn eine Inhaftierung im psychiatrischen Zusammenhang kann immer zu nicht-einvernehmlicher psychiatrischer Behandlung führen, die, wenn sie schweren Schmerz und Leid verursacht, Folter sein kann. Um zu bestimmen, ob dies der Fall ist, sollten Faktoren wie Furcht und Angst berücksichtigt werden, die unbefristete Haft erzeugt, Zwangsmedikation oder Elektroschock, Fixierungen und Isolationshaft, die Trennung von Familie und Gemeinschaft usw.
Im Weiteren verursacht die Institutionalisierung von Personen, welche die Kriterien nicht zutreffend erfüllen, wie es in den meisten Institutionen der Fall ist, die sich einer Kontrolle entziehen und bei denen die Eintritte nicht angemessen überwacht werden, Fragen in Bezug auf das Verbot von Folter und Misshandlung. Zweckwidrige und unnötige, nicht-einvernehmliche Institutionalisierungen von Personen können zu Folter und Misshandlung führen, zur Anwendung von mehr Gewalt als unbedingt erforderlich wäre.
Marginalisierte Gruppen
Menschen, die mit HIV/AIDS leben
Menschen mit HIV/AIDS wird oft die Behandlung verweigert oder sie erhalten diese nur, wenn sie sich sterilisieren lassen. Zwangstests sind ebenfalls ein Missbrauch, die zu erniedrigenden Behandlungen führen können. Die nicht genehmigte Offenlegung eines HIV-Status gegenüber Sexualpartnern, Familienmitgliedern, Arbeitgebern und anderen Personen des Gesundheitswesens ist ein häufiger Missbrauch, der zu körperlicher Gewalt führen kann.
Menschen, die Drogen konsumieren
Menschen, die Drogen konsumieren, werden hochgradig stigmatisiert und kriminalisiert. Ihre Erfahrungen mit dem Gesundheitswesen sind oft geprägt durch Erniedrigung, Strafe und Grausamkeit. Es gibt sogar Gesetze, die Drogenkonsumenten allein aus diesem Grund das Sorgerecht oder andere elterlichen Rechte für ihre Kinder absprechen. Von der Polizei oder von Personen des Gesundheitswesens geführte Register, in denen Drogenkonsumenten identifiziert und zwecks Beschneidung ihrer Rechte aufgelistet werden, sind eine Verletzung der ärztlichen Schweigepflicht, die zu weiteren Misshandlungen durch Leistungserbringer des Gesundheitswesens führt.
Eine spezielle Art von Misshandlung und möglicherweise Folter von Drogenkonsumenten ist die Verweigerung einer Opiatsubstitutionsbehandlung, um Geständnisse durch qualvolle Entzugserscheinungen zu erzwingen. Die Verweigerung einer Methadonbehandlung im stationären Rahmen wird zum Verstoss gegen das Recht, unter bestimmten Umständen frei von Folter und Misshandlung zu sein. Ähnliche Überlegungen sollten auch im ambulanten Rahmen in Betracht gezogen werden, besonders dann, wenn Regierungen ein vollständiges Verbot an Substitutionsbehandlung und Massnahmen zur Schadensminderung erlassen. HIV-positiven Drogenkonsumenten eine antiretrovirale Behandlung unter dem Vorwand, sie seien doch nicht in der Lage, diese einzuhalten, vorzuenthalten, kommt ebenfalls grausamer und unmenschlicher Behandlung gleich. In Anbetracht des physischen und psychischen Leids, welches das Fortschreiten der Krankheit verursacht, handelt es sich dabei ebenfalls um missbräuchliche Behandlung, die ausschliesslich auf einer ungerechtfertigten Diskriminierung aufgrund des Gesundheitsstatus basiert.
Wenn die staatliche Drogenpolitik einer grossen Gruppe von Menschen eine wirkungsvolle Drogenbehandlungen vorenthält, unterwirft sie diese bewusst schweren physischen Schmerzen, Leiden und Erniedrigung, bestraft sie dafür, Drogen zu konsumieren und versucht sie, in vollständiger Missachtung dessen, dass Abhängigkeit chronischer Natur ist, zur Abstinenz zu zwingen, obwohl wissenschaftliche Erkenntnisse die Unwirksamkeit von Repressionsmassnahmen belegen.
Sexarbeiter
Es wurde festgestellt, dass sich das medizinische Personal negativ und hinderlich gegenüber Sexarbeitern verhält, inklusiv der Verweigerung von notwendiger Gesundheitsversorgung. Angebliche Grundsätze im Gesundheitswesen haben zu zwingenden HIV-Tests und Offenlegung des HIV-Status begleitet von Strafmassnahmen geführt. Verletzungen der Privatsphäre und des Vertrauens sind eine weitere unwürdige Erfahrung von Sexarbeitern mit Gesundheitseinrichtungen.
Lesben, Schwule, Bisexuelle, Transgender, Intersexuelle (=Hermaphroditen, Zwitter)
"Abzugrenzen ist die Definition der Intersexualität von Transgender und Transsexualität:
Transgender sind Menschen, die sich mit ihrem zugewiesenen Geschlecht falsch oder unzureichend beschrieben fühlen oder auch jede Form der Geschlechtszuweisung bzw. Geschlechtskategorisierung grundsätzlich ablehnen. Manche intersexuelle Menschen sind Transgender. Während in einigen Organisationen und Bündnissen Transgender und intersexuelle Menschen zusammenarbeiten, da viele Gemeinsamkeiten gesehen werden, lehnen andere intersexuelle Menschen jede Zusammenarbeit mit Transgendern ab.
Transsexuelle Menschen wurden von der Medizin bisher als biologisch eindeutig definiert, empfinden sich selbst aber als einem anderen sozialen Geschlecht, als dem bei der Geburt festgestellten, zugehörig. Für die medizinische Diagnose "Transsexualität" ist Intersexualität im ICD 10 daher formal ein Ausschlusskriterium. Mit dem DSM V und dem Begriff "Gender Dysphorie" änderte sich dies und Intersexualität (DSD) wurde ins Buch der psychischen Störungen aufgenommen. Die Diagnose "Intersexualität" kann nur durch diverse Untersuchungen, unter anderem einer Chromosomenanalyse, erbracht werden. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass intersexuelle Menschen, welche die Geschlechtsrolle wechseln, gar nicht erfahren, dass sie eigentlich intersexuell sind und daher medizinisch und auch juristisch als transsexuelle Menschen behandelt werden." (Quelle Wikipedia vom 21.10.2014)
Misshandlungen vorgenannter Gruppen durch homophobe Gesundheitsfachleute sind inakzeptabel und sollten verboten und verurteilt werden. Es gibt eine Fülle von Berichten und Zeugnissen, die belegen, dass diesen Menschen eine medizinische Behandlung verweigert wurde, sie Beschimpfungen sowie öffentlicher Erniedrigung, psychiatrischer Beurteilung, einer Vielfalt an Zwangsbehandlungen wie Sterilisation, staatlich erzwungenen Analuntersuchungen, invasiven Jungfräulichkeitstests und unter dem Deckmantel sogenannter Reparativtherapie, Hormontherapien sowie genitaler "Normalisierungschirurgie" ausgesetzt waren. Diese Prozeduren sind selten medizinisch notwendig, können Narben, den Verlust sexueller Empfindungen, Schmerzen, Inkontinenz sowie lebenslängliche Depressionen hinterlassen und werden ausserdem kritisiert, unwissenschaftlich, potenziell schädlich sowie zusätzlich der Stigmatisierung förderlich zu sein.
Kinder, die mit atypischen Sexualorganen zur Welt kommen, werden oft unwiderruflichen Geschlechtszuordnungen, unfreiwilliger Sterilisation und unfreiwilliger sowie irreversibler Genitalnormalisierungschirurgie unterworfen, die ohne ihre Informierte Einwilligung oder derjenigen ihrer Eltern mit der Absicht durchgeführt wird, ihr Geschlecht zu bestimmen, womit eine dauerhafte, irreversible Unfruchtbarkeit und schweres psychisches Leid verursacht werden.
Mitglieder sexueller Minoritäten sind unverhältnismässig oft Folter und Misshandlungen ausgesetzt, weil sie nicht gesellschaftlich konstruierten Erwartungen entsprechen. Tatsächlich führt die Diskriminierung aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität häufig zu einer Entwicklung der Entmenschlichung des Opfers, die oft eine notwendige Bedingung für Folter und Misshandlung darstellt.
Menschen mit Behinderungen
Menschen mit Behinderungen sind besonders gefährdet, Zwangsbehandlungen unterworfen zu werden und bleiben weiterhin nicht-einvernehmlichen Behandlungen ausgesetzt. Im Fall von Kindern in Gesundheitseinrichtungen können tatsächliche oder vermutete Behinderungen das Gewicht schmälern, das der Meinung des Kindes gezollt werden müsste, weil statt dessen in seinem "besten Interesse" entschieden oder weil die Entscheidungsbefugnis den Eltern, dem Vormund, den Pflegenden oder Behördenmitgliedern übertragen wird. Frauen mit Behinderungen - vor allem diejenigen mit psychiatrischen Diagnosen - sind in Gesundheitseinrichtungen besonders der Gefahr von Diskriminierungen und Misshandlungen ausgesetzt. Zwangssterilisationen von Mädchen und Frauen mit Behinderungen sind ausführlich dokumentiert. Viele Staaten versagen, wenn es darum geht, Frauen mit Behinderungen vor Zwangssterilisationen gesetzlich zu schützen.
Letztmals aktualisiert: 02.06.2020