isolation und deprivation

Ist es in einer Anstalt möglich, sich im Sinne von Art. 11 EMRK frei zusammenzuschliessen?

Die Antwort ist klar. Die Anstalten sind reine Zwangsgemeinschaften. In diesem Klima von Freiheitsberaubung und der Unmöglichkeit, seine Rechte als Mensch auszuüben, ist ein erspriessliches Zusammenleben schlicht ausgeschlossen.

Art. 12 EMRK garantiert die Menschenrechte auf Ehe und Gründung einer Familie.

Zwei der elementarsten Menschenrechte sind in den Anstalten faktisch ausser Kraft gesetzt.

Quelle: Fundamentalkritik der Zwangspsychiatrie, Edmund Schönenberger

 

Die Isolierung besteht darin, den Patienten - häufig vollkommen nackt - in einen leeren, reizarmen Raum einzusperren, der nur mit einer Matratze, einer Decke und einer Plastikschüssel ausgestattet ist. Die Zelle ist für das Personal und manchmal sogar für die anderen Patienten durch ein Fenster einsehbar, so dass der Eingesperrte selbst beim Verrichten seiner Notdurft beobachtet werden kann.

Bei dem Begriff Folter denken die meisten an Dinge wie Streckbank oder Daumenschrauben. Doch es gibt auch subtilere Arten von Folter, die weniger darauf abzielen, körperliche Schmerzen zuzufügen, sondern vielmehr durch Erzeugung psychischen Leids den Willen des Opfers zu brechen. Diese Formen der Folter hinterlassen meist kaum körperliche, dafür aber um so mehr seelische Spuren. Solche Foltermethoden werden unter dem Begriff Weisse Folter zusammengefasst.

Die bekannteste Methoden der Weissen Folter ist die Isolationshaft. Sie beinhaltet die sensorische Deprivation, also der Entzug von Sinnesreizen (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken und Tasten) und die soziale Deprivation, bei der das Opfer von jeder Kontaktmöglichkeit zu seiner gewohnten, sozialen Umgebung abgeschnitten wird, verweigert wird ihm zudem die zwischenmenschliche Kommunikation, indem die Pfleger ihm das Gespräch verweigern, es wird nicht darüber informiert, weshalb und für wie lange es isoliert bleibt, jegliche Informationen von aussen werden ihm vorenthalten, selbst das Lesen in der Bibel wird ihm verweigert und selbstverständlich bekommt es keine emotionale Zuwendung, da es nicht einmal von den engsten Angehörigen oder Freunden besucht werden darf.

Solche Foltermethoden und ihre Folgen wurden wissenschaftlich sehr gut erforscht. Sie bewirken unter anderem erhebliche Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des vegetativen Nervensystems, der Wahrnehmung, der kognitiven Leistungsfähigkeit und lösen Wahnvorstellungen aus. Sie zielen auf die Zerstörung des psychischen Gleichgewichts ab, um den Patienten etwa zu einem Geständnis zu zwingen oder ihn psychisch zu zermürben und so zur Einnahme von persönlichkeitszerstörenden, psychiatrischen Drogen zu nötigen.

Bevor die Türen (meistens zwei) hinter dem Patienten geschlossen werden, wird er mit starken Nervengiften niedergespritzt, welche starken Brechreiz und unsägliche Kopfschmerzen verursachen können, gegen die er keine Medikamente erhält. Zur allgemein entwürdigenden und entmündigenden Behandlung gehören auch noch: Nacktheit, gezieltes Verwahrlosen-Lassen, indem dem Patienten die Benützung der Dusche und der Toilette verboten wird, und er seine Bedürfnisse auf einer Plastikschüssel verrichten muss, Verlangen totaler Unterordnung, indem er so lange in der Isolierzelle gelassen wird, bis er sich "krankheitseinsichtig" zeigt, Verletzung des Schamgefühls als sogenannte Schamfolter, bewusste Unterkühlung oder Überhitzung des Raumes und Fixation.

Zusätzlich sind genau diese Foltermethoden der Grund für die Zunahme von Gewalthandlungen und die Zerstörung gesunder Ressourcen. Es lässt sich leicht nachvollziehen, dass einer, der sich schon verfolgt fühlt, durch diese Methoden nicht auf ein gesundes Miteinander zurückgreifen kann und sich noch extremer verhalten wird. Sie dienen aufgrund des etablierten Systems einer einseitigen Machtausübung und Unterdrückung und damit der Verschlechterung der psychischen Gesundheit des Patienten. Irgendwann wird vielleicht auch unser Volk aufwachen müssen und sehen, was es nicht nur zugelassen, sondern sogar gutgeheissen hat!

Das Wichtigste im Umgang mit Kranken muss die Förderung von Mitmenschlichkeit sein, alles andere provoziert Brutalität und Perversion. Kann einer das nicht nachvollziehen, ist er am falschen Ort tätig.

Die Isolierzellen in psychiatrischen Anstalten werden heuchlerisch Ruheraum, Oasen, Time-Out-Raum, Akutzimmer, Behandlungszimmer, Wachsaal, Beobachtungszimmer usw. genannt.

 

Aussagen von Erwachsenen zur Isolation

"Ich war auch schon mehrmals in einer Isolationszelle - es gab auch Zeiten, dass ich das freiwillig verlangte, um von einem Zimmernachbarn in Ruhe gelassen zu werden (hin und her während der ganzen Nacht). Am ehesten gleicht eine solche Zelle dem Käfig eines Tieres in einem Tierheim, Zoo oder Zirkus. Da diese Räume immer ein Guckloch haben, ist Taylorismus vorprogrammiert. Man will ja beobachten, wie sich das menschliche "Viech" verhält ... Immerhin kann ich mich nicht mehr besinnen, ob ich jemals dort angekettet, in Handschellen gelegt oder sonst irgendwie angebunden wurde.""Isolationszimmer für eine Woche - ein vollkommen leerer Raum mit einem gelben Pissoir, meine Wasserflasche, eine blaue Matratze mit einer Decke - einziges Trostpflästerchen - das mir bald weggenommen und durch ein weisses, plastifiziertes Leintuch ersetzt wird. Ich bin in einem kurzärmligen, blauen Pyjama, das aus dem gleichen Material besteht. Ich friere. Man sagt mir, dass ich keinen Anspruch auf eine Weste habe, obschon andere Patienten welche haben. Wenn ich artig bin, darf ich einen Slip tragen - sonst nicht. Ich geriet schon mehrmals in Versuchung, mich mit dem Pyjama zu erwürgen. Ich sah ein blaues Licht, hörte etwas wie ein Chor, ich löste die Umklammerung und kehrte in die traurige Realität zurück.

In einer Nacht verlange ich Wasser, weil ich fast keines mehr habe. Die Foltermagd kommt und sagt zu mir: Sie haben viel davon auf den Boden ausgeleert, weshalb ich Ihnen keines bringen werde. Ich antworte ihr: Falls Sie es nicht tun, werde ich Anzeige erstatten. Sie bringt mir die Flasche gefüllt zurück, und ich sage ihr dummerweise: Ich werde keines mehr verschütten. Später wird mir bewusst, dass sie zu der Sorte von Leuten gehört, welche einem die Türe vor der Nase schliessen, wenn man sie um etwas bittet, um ihre Privatgespräche mit den Kolleginnen fortzusetzen und einen zehn Minuten im Korridor warten lassen.

Im Isolationszimmer bin ich nicht gefesselt, aber es ist mit zwei Türen zugesperrt. Wenn sie kommen und gehen, höre ich acht Schlüsselumdrehungen - zwei für die Aussentüre, zwei für die Innentüre, zwei für die Dusche, zwei für die Toiletten. Gefängnisinsassin.

In den Toiletten gibt es weder fliessendes Wasser noch Seife. Mit meiner Spezialmethode, mich zu erleichtern, bin ich wirklich behindert. Also befeuchte ich meinen Finger im Becken. Ich bin so oder so vollkommen verstopft.

Die Plastikgabeln brechen, sobald man etwas Härteres greifen will. Man muss sich zu helfen wissen, falls man keine Plastikteile verschlucken möchte.

Ich muss für alles klingeln, doch die Glocke funktioniert nicht. Um sie zu rufen, schmeisse ich mit meiner ganzen Kraft das schwere Plastik-Pissoir herum, das an den Wänden und Fenstern abprallt. Dann kommen sie schnell.

Die Glocke ist repariert, das Pissoir verschwunden, aber sie kommen nicht sofort - ich habe zwei Mal auf den Boden gepinkelt.

Eines Abends brennen bei mir die Sicherungen durch, weil sie mich zwingen wollen, Loxapac zu schlucken, ein Neuroleptikum, das ich in den 90er-Jahren eingenommen hatte und das keine Wirkung zeigte. Ich werfe das Servierbrett mit der Mahlzeit an die Mauern, es hat überall Speiseresten, was den Pfleger derart erzürnt, dass mein Aufenthalt im Isolationszimmer verlängert wird. Der Assistenzarzt ist total lässig, vermutlich ein Iraner in Jeans, der sagt: Geben Sie ihr Tercian - sie will kein Loxapac. An jenem Abend darf ich nicht duschen - ich bin voller Suppe.

Ein Hilfspfleger kommt alleine, um nach mir zu sehen, obschon das Reglement besagt, dass sie es mindestens zu zweit machen müssen. Er schaut mich merkwürdig an, und ich habe Angst, vergewaltigt zu werden, ohne mich wehren zu können und im Vornherein schuldig, Wirres zu erfinden.

Nach und nach lässt das Reglement nach, ich darf draussen essen und erst abends wieder zu meiner Liege zurückkehren. Ich setze mich an einen Tisch, an welchem eine Algerierin mit blond gefärbtem Haar sitzt, welche mich mit so viel Angst, Verachtung sowie Abweisung anglotzt, dass ich einen anderen Platz aufsuche.

Ein Mal hatte ich mein Zimmer verlassen - ich war mit einem schizophrenen Patienten im Musikzimmer - und tanzte zu einem meiner Lieblingslieder. Da kam eine Gruppe junger Frauen vorbei, darunter auch die Algerierin, die mir mit ihrem Mittelfinger eine Gratisgeste präsentiert. Ich koche vor Wut, folge ihr im Gang, zeige ihr selber zwei Finger und sage zu ihr: Schau, was ich mache - und zeige ihr meinen Hintern. Sehr schlecht für das Image im Spital, auch wenn das für mich einem Witz von Schulkindern entspricht. Sie sagt mir: Lass dir den Arsch ficken.

Ich bin wieder eingesperrt und will nicht rausgehen, um zu essen. Ich habe zu sehr Angst vor dem "Fingermädchen". Ich schreie 15 - 20 Mal "Schlampe" in ihre Richtung. Während des Tags knalle ich die Aussen- und Innentüren meines Zimmers zu, um meine Wut auszudrücken.

Auf, ich stehe um 6 Uhr auf, ich muss bis halb neun aufs Frühstück warten, und es hat keinen Tee."

 

Gemälde einer Betroffenen: "Die Klinik treibt mich in den Wahnsinn!" 

 

Aussagen von Jugendlichen zur Isolation

"Ich wurde in der Kinder- und Jugendpsychiatrie isoliert, d.h. eingesperrt und zwar nicht in ein gewöhnliches Zimmer, sondern eines, das dem Knast gleicht. Mit Klo und einer Matratze und sonst nichts. Rein mit dir und zu, dass war deren Devise!"

"Ich halte von Iso-Zellen nichts aber auch gar nichts. Ich weiss, dass Patienten danach unter den traumatischen Erlebnissen noch lange zu leiden haben."

"Gummizellen oder Fixieren sind keine Lösungsmöglichkeiten - wohl eher aktive Sterbehilfe gegen den Willen des Patienten. Ich zumindest bin dabei gestorben und war kurze Zeit tot - bis die Wirkung der Medikamente nachliess."

"Meine Erfahrung liegt jetzt ein Jahr und zwei Monate zurück. Von der Isozelle in der geschlossenen Akutstation habe ich jedoch noch immer ein Trauma."

 

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Letztmals aktualisiert: 25.04.2013